Was ist los beim LEH?
Seit Sonntagabend sind die Landwirte auf der Straße, und zwar direkt vor den Zentrallagern des LEH, insbesondere bei LIDL. Die Hotspots sind in Cloppenburg und Oldenburg (Niedersachsen). Aber auch in anderen Teilen Deutschlands sind die Kollegen mittlerweile losgezogen.
Was sie alle eint ist die schiere Verzweiflung über die aktuelle Situation ihrer Höfe. Wie formulierte es einer von ihnen so gut? „Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir schon einen Schritt weiter!“
Es ist an Dramatik nicht mehr zu überbieten, was gerade in Deutschland mit der Landwirtschaft gemacht wird!
Seit über einem Jahr kämpft die Branche ums Überleben, aber außer vieler warmer Worte ist nicht viel zu hören gewesen. Schon garnicht ein Rascheln im Portemonnaie.
Ist eigentlich immer noch nicht angekommen, worum es hier geht?
Es geht um die Existenz von Bauernfamilien, die umfassen immer mehrere Generationen. Es geht also um die Wertschätzung gegenüber der Lebensleistung der Alten, es geht um die finanzielle Absicherung der aktuellen Generation und somit auch um die Zukunft der kommenden. Es geht um Arbeitsplatzsicherung, Altersvorsorge, um die Möglichkeit Kredite zurück zu zahlen, die aufgenommen wurden, um in Tierwohl und Gewässerschutz zu investieren. Es geht um die Entlohnung der Arbeit, die meist nicht einmal die Hälfte des gesetzlichen Mindestlohns beträgt. Es geht um die Anerkennung der „mitarbeitenden Familienmitglieder“ und Altenteiler, ohne die der Hof meist völlig aufgeschmissen wäre. Es geht aber auch um die hunderttausenden Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. Alle zusammen sind wir nämlich der vielzitierte „ländliche Raum“, der übrigens nicht von den Menschen in den Schlafdörfern getragen wird. Nein! Es sind die Landwirtinnen und Landwirte, die die Dörfer am Leben halten, ehrenamtlich tätig sind, tagsüber wenn alle anderen zum Arbeiten in der Stadt sind die Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehren besetzen. Die Landfrauen, die sich um die Senioren kümmern, Dorffeste organisieren und Traditionen weitergeben.
Ganz nebenbei sorgen wir dafür, dass jeder geschätzte Mitbürger drei Mal am Tag ein gesundes, qualitativ hochwertiges und schmackhaftes Essen auf dem Tisch haben kann, so er oder sie denn noch weiß, wie man die hochwertigen LEBENSMITTEL, die wir produzieren, zubereitet.
Mit welch einer Arroganz und Überheblichkeit wird eigentlich auf die grüne Branche geguckt? Wer macht sich eigentlich die Mühe, einmal zurück zu schauen und zu hinterfragen, was die Aufgaben der Landwirtschaft sind und warum das komplexe System so ist, wie es ist. Unsere Wohlstandsgesellschaft stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus und bescheinigt sich darin, dass es absolut den Bezug zur Realität verloren hat!
Liebe Vertreter von Politik, Handel, Verarbeitung,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
wacht endlich alle auf und übernehmt verdammt nochmal die Verantwortung für Artenvielfalt, Tierwohl, Insekten-, Gewässer-, Verbraucher- und Klimaschutz! All das, was Ihr von uns fordert.
Wir können und wollen das alles! Aber das geht nur, wenn das System unser Überleben sichert!
Und nein: wir jammern nicht nur, und ja: wir haben Ideen und Lösungsansätze. Hier sind einige davon:
1. Konsequente Umsetzung des Landwirtschaftsgesetzes von 1955*!
2. Eine Gemeinsame Marktordnung, die ihren Namen verdient und auch die Erzeuger zum Marktteilnehmer auf Augenhöhe macht!
3. Einheitliche Standards in Europa für die Produktion, für Importe in die Europäische Union und den Europäischen Markt!
*Das Landwirtschaftsgesetz von 1955 hat zum Ziel, der Landwirtschaft die Teilnahme an der fortschreitenden Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft zu ermöglichen und der Bevölkerung die bestmögliche Versorgung mit Ernährungsgütern zu sichern. Weiter soll die soziale Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an die vergleichbarer Berufsgruppen angeglichen werden.